Mainstream vs. Gartenzwerge

Und der im geht los. Popcorn, anyone?

Das mit dem Fediverse … wird noch ulkig. Nachdem Elon Musk Twitter Inc. kaufte und als neuer CEO, erm, mit einem Wasserwerfer mal eben schnell feucht durchwischte, suchen viele Nutzer nach Alternativen. Immerhin, auch Ex-Twitter-MA finden im Fediverse ein neues Zuhause:

Hoffen wir für sie, daß sie – als Ex-Arbeitnehmer der pöhsen »Birdsite« (fediversisch für Twitter) – wohlwollender aufgenommen werden als Journalisten. Die haben sich nämlich mit der Instanz journa.host – getreu dem sonderbaren Mantra, daß Fediverse-Instanzen ja eine »Gesinnung« haben sollen (ein Ansinnen, das, wie andere schon feststellten, ganz hübsch realitätfremd ist: ich verzehre gerne eine halbe Kuh auf Toast zum Frühstück oder Flipper^Heinen kleinen Thunfisch am Abend, will aber dennoch nicht, daß Planet A vor die Hunde geht: muß ich nun auf eine meatlove.rs- oder eine fridays4futu.re-Instanz?) scheinbar an die Regeln gehalten — und werden dennoch ausgegrenzt.

(Hier sieht man übrigens ein, zugegebenermaßen recht neues, Feature von Mastodon am Werk: man kann seine »Trööts« (engl. »toots«, die Fediverse-Variante des »Tweets«) im Nachhinein editieren. Wie lange hat Twitter dies nicht geliefert?)

Nun ist das in absoluten Zahlen erst einmal nicht schlimm — aber vielleicht sollte man doch mal drauf schauen …

Unfortunately for some of the journalists who have joined the service, this mass-blocking (or “defederation”) approach is now being applied to them. A server that caters specifically to journalists was set up recently by Adam Davidson, creator of NPR’s Planet Money podcast. At last count, the server, called journa.host, had about thirteen hundred users, including some prominent journalists (and me). Earlier this week, a user of another network pointed out that about forty-five “instances” are blocking all content from members of journa.host. […]

There are approximately twelve thousand Mastodon servers at the moment, so the fact that forty-five of them block one server of journalists isn’t really the end of the world.

45 von 12.000, naja; falls es die 45 reichweiternstärksten Instanzen wären, wäre das schon einen Hinweis wert …

… ebenso, wie es die Begründungen wert sind, genannt zu werden (bitte einmal auf den „mehr anzeigen“-Knopf klicken):

Meinungsfreiheit for runaways:

There’s quite a lot of decent people signed up there, but also at least one prominent right-winger (The National Review’s Jonah Goldberg), and I can’t risk it.

Eine faule Tomate: laßt uns das Feld niederbrennen!

Eine weitere Perle:

Also, reporters mining social media for fodder without the authors‘ knowledge or consent is a plague on every other social media platform, and I think fedi should nip it in the bud.

Nunja, die Autoren der Beiträge auch im Fediverse suchen ja nach Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Leserbriefe, die ich nur für meinen Schredder schreibe, produzieren genau nichts — außer Altpapier, ok. Insofern sollte sich @nev@banana­chips.club schon die Frage stellen, in welcher kruden Blase er/sie/es eigentlich lebt.

Mein Hauptproblem hier ist die ultimative Ausgrenzung alles Rechtens — wobei »right wing« für einen CDUler AfD & CSU bedeutet, für einen Grünen – außerhalb Baden-Württembergs – schon alles jenseits der SPD. Wie schon mehrfach gesagt: das Narrativ der »demokratischen Parteien« schließt nun einmal alle zugelassenen Parteien ein: also auch die AfD. Sonst, so funktioniert das hier nuneinmal nach 1945, stünde die AfD nicht auf dem Wahlzettel.

Und insofern kann man sich über Glanzstücke wie das Interview mit Frau von Storch zwar beömmeln, aber sie vom öffentlichen Diskurs auszugrenzen geht einfach zu weit.

Screenshot von bananachips.club: "Hostet 38 Profile mit 70,6k Beiträgen"
45 (von 12.000) blo­cken­de Ser­ver, ei­ner da­von mit 38 Pro­filen. Nach­rich­ten­wert: Erm…
Gerade Administratoren (d/m/w, JFTR) größerer Instanzen – zu denen bananachips.club mit 38 Profilen eher nicht gehört, aber er schreibt ja auch, daß es eine andere Instanz sei – sollten ein großes Verantwortungsgefühl für ihre Benutzer haben, denn diese »Deföderation«, also das Aussperren fremder vom Zugriff auf den eigenen Fediverse-Server, beeinträchtig natürlich alle lokalen Benutzer, sperrt sie vom Diskurs mit (hier:) journa.host-Inhalten zwangsweise aus.

That said: als jemand, der auch mit seiner (Mastodon-/ActivityPub-) Instanz im Fediverse ist, empfinde ich das Thema in zweierlei Hinsicht problematisch. Einerseits ist das mir völlig intransparent, wie Blocklisten gebildet werden, wer einen Block umzusetzen entscheidet (okay, nicht wirklich: jeder Instanzadmin für sich), welche Instanzen wo warum geblockt werden sollten und derzeit sind (auch hier nicht wirklich: es gibt offensichtlich mindestens eine Site, die diese Info sammelt — demnach blocken mittlerweile 73 Instanzen journa.host) und wie man als aus eigener Sicht fälschlich Gelisteter da wieder runterkommen kann.
Denn funktioniert ja im Grunde wie die DNS RBLs, mit denen Mailadministratoren »gute« von »bösen« Mailservern trennen wollen (Ausnahme Deutsche Telekom (t-online.de), die blockiert ersteinmal jeden Mailserver, bis dessen Administration um Einlaß gebettelt hat — andere Geschichte); allerdings gefühlt mit archaischen Techniken, lies: Hashtags.
Allein: zumindest in Mastodon kann man nur Accounts folgen, nicht aber Hashtags. Somit sieht meine kleine Instanz in der kleinsten Großstadt Deutschlands (ok, gelügt: laufen tut sie derzeit technisch in meiner Lieblings-Großstadt Deutschlands) nur dann den Hashtag , wenn ich ihn selbst verwende oder jemand, dem ich folge, ihn verwendet. Skaliert schlechterdings gar nicht.
Bis Juli 2022 existierte wohl immerhin unter https://fediblock.org/ eine maschinenlesbare Liste — seit August 2022 liefert die Seite »410 Gone«. Ganz im Ernst: als Netzwerkonkel, der seit 30+ Jahren im Netz unterwegs ist, erschreckt mich der Zustand des »Fediverse« doch recht gründlich. Blacklists sind keine neue Erfindung, und in Form der DNS RBLs in standardiseriter Form verteilt verfügbar. 2022 noch Textnachrichten auszutauschen und augenscheinlich zu erwarten, daß Instanzbetreiber durch drei brennende Reifen springen, um an die Infos überhaupt zu kommen: Ihr seid sowas von lost! Sorry, aber das erinnert mich an die Heimtiernetze der 90er …

Instances that block mstdn.media: category followers_only (1): benehomini.social (no explanation given).
Auch die deutsche Mastodon-Instanz für Journalisten hat schon kurz nach ihrem Start eine <10-Personen-Ins­tanz gefunden, die sie unbedingt blockieren möchte.
Außerdem komme ich natürlich nicht mit den Kriterien klar, die eine Listung augenscheinlich rechtfertigen. Eine Person »rechter Gesinnung« rechtfertig den Ausschluß einer ganzen (Mehrpersonen-) Instanz? Was ist denn das für ein unterirdisches Demokratieverständnis? »Wie, Du wählst CSU? Sofort raus aus diesem Rettungsboot!« Ey, hömma …

Bleibt zu hoffen, daß es mstdn.media besser im Fediverse ergeht, aber 11 Tage nach »Gründungs-Trööt« hat sich tatsächlich schon eine <10-Personen-Instanz gefunden, die mstdn.media ganz dringend blocken mußte. IMHO sollte jene Instanz sich in asocial.kleingeist umbenennen — schenkt mir wer die Million, um kleingeist. als gTLD zu registrieren?

Was wäre denn, wenn die Journalisten sich statt auf »Journo-Instanzen« auf anderen, größeren Instanzen gehäuft niederliessen — sprich: würde auch digitalcourage.social stumpf als »collateral damage« weggeblockt? Muß man wohl abwarten …

Grow up, Fediverse, it’s time to!