Faeser durchgeknallt?

Dieser Tage wurde ich genötigt, mich mit der deutschen Umsetzung der NIS2-Richtlinie der EU zu beschäftigen — als Vorstand eines ›Freifunkbetriebsvereins‹ wird man ja hellhörig.

Der Claim des Freifunk-Kollegen war: »Nach NIS2 ist zB jeder DNS-Dienst „kritisch“.« Als Betreiber (Planer, Organisator, whatever) eines »öffentlichen Kom­mu­ni­ka­tions­net­zes« – gem. § 3 TKG ist ein »Telekommunikationsnetz, das ganz oder überwiegend der Erbringung öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste dient, die die Übertragung von Informationen zwischen Netzabschlusspunkten ermöglichen«, mit öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste definiert als »einem un­be­stimm­ten Personenkreis zur Verfügung stehende Telekommunikationsdienste«, weitere Rekursion siehe Link – wäre, und ist, DNS nun wirklich meine geringste Sorge …

… aber ich habe mir dann endlich mal, nach verschiedener ›Sekundärliteratur‹, den Regierungsentwurf tatsächlich angesehen. Erster Eindruck: Zuviel Crack in der Atemluft — oder zuwenig Sauerstoff. Wie sonst paßt bitte dies zusammen?

Regierungsentwurf, § 28 Absatz 1:

(1) Als besonders wichtige Einrichtung gelten

  1. […]
  2. […] oder DNS-Diensteanbieter,

Diese ›DNS-Diensteanbieter‹ sind allerdings lt. § 2 »eine natürliche oder juristische Person, die […] autoritative Dienste zur Auflösung von Domain-Namen zur Nutzung durch Dritte, mit Ausnahme von Root- Namenservern, anbietet«. Heißt: jeder Betreiber von autoritativen Nameservern für irgendeine Domain wird hier von Nancy Faesers Ministerialbeamten gefickt.

So auch ich, denn ich betreibe für viele meiner Domains die autoritativen Nameserver selbst — und werde mir das gewißlich nicht von einer gescheiterten hessischen Minister­prä­si­den­ten­an­wärter­in auf ihrem Trocke­nsitz Bun­des­in­nen­mi­nis­ter­in nehmen lassen.

Und lesen wir den ganzen Gesetzesentwurf, lügt die Regierung unverholen — oder hat ihr Wording im Gesetzestext nicht im Griff. Keine der Optionen ist schmeichelhaft für das ich-kann-mich-nicht-erinnern-Regime von Olaf Scholz.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft erhöht sich der jährliche Erfüllungsaufwand um rund 2,2 Milliarden Euro. Insgesamt entsteht einmaliger Aufwand von rund 2,1 Milliarden Euro. Dieser ist fast ausschließlich der Kategorie Einführung oder Anpassung digitaler Prozessabläufe zuzuordnen.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Es entfallen rund 1,9 Millionen Euro auf Bürokratiekosten aus Informationspflichten.

Aus E.1 und E.2 leite ich ab, daß weder Privatpersonen noch (gemeinnützige) Vereine Adressat des Gesetzes sind sondern nur »die Wirtschaft« — und insofern sehe ich das »NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetz« nicht anwendbar auf meine autoritativen NS für meine Domains.

Aber ich habe auch keine Lust mehr auf derlei dilletantische Gesetze, daher: findet sich eine kundiger Jurist, haben wir einen Kläger … Denn: [nur] wo kein Kläger da kein Richter … und diese Regierung fleht ja faktisch nach juristischen Ohrfeigen, die ich ihnen nur zu gerne verpassen lassen würde.

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